Full fathom five … thy father lies
of his bones were coral made,
those are pearls that were his eyes
nothing of him doth fade
that doth suffer a sea change
into something rich and strange

Dieses wunderbare Gedicht von William Shakespeare ( entstanden ca.1611) ist Kulturgut der Menschheit, immer wieder nehmen Künstler_innen, Schriftsteller_innen Bezug auf einzelne Motive oder den Titel.
Ich bin auf dieses Gedicht durch Jackson Pollock gestoßen, der sein berühmtes – möglicherweise – erstes Drip Painting mit dem Titel „Full fathom five“ malte. Moma (größere Abb. hier )
Jackson Pollock war und ist für mich immer der Maßstab großformatiger Gemälde, die mir in den bescheidenen Räumen, in denen ich arbeite, immer wieder die Begrenzung der Möglichkeiten bewusst gemacht haben.
Doch irgendwann habe ich begriffen, dass großformatige Gemälde nicht zwingend notwendig sind, auch nicht um eigene Gefühle oder Entdeckungen aus unbewussten Zusammenhängen zu verdeutlichen.
Große Formate in kunsthistorischer Tradition sind immer repräsentativ, z.B. im Saal der adeligen Mäzene oder die Fresken in religiösen Gebäuden. Dagegen sind kleinere Formate für das Bürgertum entstanden, die eigene Bedürfnisse der Integration von Gemälde in ihr Alltagsleben entwickelten – Porträts, Stillleben im Esszimmer …
Große Formate sind wieder mit den Murales in Mexiko, gedacht für alle Menschen im öffentlichen Raum als Allgemeingut, zu einem Diskussionsgegenstand im Bereich Kunst geworden. Darauf hat sich Pollock bezogen, auch wenn er seine Bilder als zwischen Wand- und Tafelbild einordnet ( Zitat aus Elisabeth Frank S. 113: Pollock begriff seine Arbeiten als ein „Zwischenstadium“ zwischen Wand- und Staffeleibild.)
Wo sind heute die Möglichkeiten Bilder in den Alltag zu integrieren, als Teil eines wohnlichen Umfelds ?
Graffiti ist für mich ein Versuch öffentlichen Raum zurück zu erobern – Familienfotos, Reproduktionen sind keine zum visuellen Denken anregende kulturelle Ergänzung des Lebensalltags, oder ?
Da ist das wunderbare Gedicht von Shakespeare, eine Anregung zum Wahrnehmen von Sprache und sicherlich ein visuell umsetzbarer Impuls.

Auch kleinformatige Bilder können eine im Alltag verankerte kulturelle Bereicherung werden.
Das musste ich begreifen, um zu verstehen, dass nicht in der Größe das Beeindruckende besteht, sondern in der visuellen Mitteilung. So beeindruckt mich besonders die Zeile:
that doth sea change into something rich and strange
Dinge verwandeln sich erst in etwas Besonderes, Wertvolles, wenn jemand zu dieser Verwandlung in der Lage ist – die Betrachtenden müssen ein Bild zu ihrem Bild machen können.
. change into something rich and strange

11.04.2024 Gu
Von diesem Gedicht sind zwei Versionen zu finden – im Original heißt es: that doth suffer , doch im Ulysses von James Joyce wird die zweite kürzere Form zitiert, so erklärt es jedenfalls Ellen G. Landau ( s. Seite 172 ).

Literatur:
Elisabeth Frank – Pollock – erschienen 1984 Verlag J.C. Bucher
Ellen G. Landau – Jackson Pollock – erschienen 1989 Harry N. Abrams New York