02.08.2022 Sascha Wiederhold

Da ist es wieder geschehen: Ein Künstler, der herausragende, eigenständige Arbeiten entwickelt hat, wurde „vergessen“. Die Neue Nationalgalerie Berlin zeigt in drei Räumen Werke von Sascha Wiederhold ( 1904 – 1962 ) und titelt „Wiederentdeckung eines vergessenen Künstlers – 02.07.2022 bis 08.01.2023“.

Im Archiv der Berlinischen Galerie ist wohl die Schenkung seiner Frau Rosa Dorothea Schönfeld-Wiederhold auch „vergessen“ worden. Ist es nicht eher ein Nicht-beachten ? Ein Wegschließen, weil die Kunst zu kompliziert ist und nicht in die Mode-Strömungen der Zeit passt ?

Sascha Wiederhold hat in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ein Leben als Buchhändler geführt, weil seine Bilder nicht kunstmarktadäquat waren. „Kunst lasse sich für den Sammler heute als Besitzen erfahren. Je politischer, unverständlicher, provokanter, teurer die Werke sind, umso besser kann er mit ihnen soziale Überlegenheit demonstrieren.“ formuliert etwa Wolfgang Ullrich in seinem Buch Siegerkunst. Und weiter : „Sie [ die Sammler ] schätzen Kunst nicht mehr als geistige Position und Herausforderung, sondern als Status- und Distinktionssymbol: Kunst und Bedeutung, so seine These, entkoppeln sich.“

Sascha Wiederhold wäre damit typische Verliererkunst – könnte man also sagen. Seine Werke sind Kunst, aber als bedeutend um Macht, Marktwert zu präsentieren eignen sie sich nicht. Die Bilder sind visuelle Experimente, die die Betrachtenden – um sie zu genießen – erkennen und kunsthistorisch einordnen können müssen.

Wer die großen Gemälde von Sascha Wiederhold einmal länger betrachtet – z.B. „Jazz-Symphonie“ aus 1927, wird unschwer erschließen können, dass Bilder geschaffen wurden, die einen festen Platz in der bereits geschriebenen ( neueren deutschen) Kunstgeschichte des 20. Jh. erhalten müssen.

Das großformatige Bild „Jazz-Symphonie“, das gut auf einer eigenen zentralen Wand ausgestellt wird, beschäftigt die Betrachter lange Zeit. Das Auge springt von Form zu Form und muss den Bildrhythmus nachvollziehen, um das Dargestellte zu begreifen. Die Rhythmik, die Dichte, die Formen lassen die Assoziation an Großstadt, an Architektur, an Schnelllebigkeit mitten in der musealen Präsentation entstehen. Etwas Vergleichbares hat die Kunstentwicklung in Deutschland, vielleicht sogar Europa ( selbst wenn ich die Futuristen mit einbeziehe) nicht zu bieten.

Zeitungsbeitrag mit Abbildung

Wer den Lebenslauf lesen will – wikipedia: Sascha Wiederhold

Zeit für eine kleine Übung „Hommage an Sascha Wiederhold“ – Juli 2022:

Tuschestift in schwarz und sepia auf Karton, ca. 30 cm x 40 cm

Die Zeichnung „Kleine Hommage an Sascha Wiederhold“ entstand an einem Abend – direkt nach dem Besuch der Ausstellung, vor allem unter dem Eindruck des Bildes „Jazz-Symphonie“.

02.08.2022 Gu

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