27.10.2022 Netze und Bewegungsspuren

Anstatt eines Bildschemas kann der Ausgangspunkt für eine Bild-Erfindung eine Bewegungsspur sein. Gesten, Hiebkritzel, Schraffuren in einen Zustand der absichtslosen Rezeption gezeichnet oder auf das Papier gebracht fordern zu einem zeichnerischen Prozess auf.

„Versetzen Sie sich in den passivsten oder den rezeptivsten Zustand, dessen Sie fähig sind. Sehen Sie ganz ab von Ihrer Genialität, von Ihren Talenten und denen aller anderen. Machen Sie sich klar, daß die Schriftstellerei einer der kläglichsten Wege ist, die zu allem und jedem führen. Schreiben Sie schnell, ohne vorgefaßtes Thema, schnell genug, um nichts zu behalten oder um nicht versucht zu sein, zu überlesen. Der erste Satz wird ganz von allein kommen, denn es stimmt wirklich, daß in jedem Augenblick in unserem Bewußtsein ein unbekannter Satz existiert, der nur darauf wartet, ausgesprochen zu werden.“ André Breton ,1. Surrealistisches Manifest

Quelle: Manifeste des Surrealismus – S.29 rororo Taschenbuch Ausgabe 1983

Übersetzt in die Zeichnerische Improvisation lautet diese Aufforderung:

„Versetzen Sie sich in den passivsten oder den rezeptivsten Zustand, dessen Sie fähig sind. Sehen Sie ganz ab von Ihrer Genialität, von Ihren Talenten und denen aller anderen. Machen Sie sich klar, daß die Zeichnerei einer der kläglichsten Wege ist, die zu allem und jedem führt. Zeichnen Sie schnell, ohne vorgefaßtes Bildschema, schnell genug, um nichts zu behalten oder um nicht versucht zu sein, zu deuten. Die erste Linie wird ganz von allein kommen, denn es stimmt wirklich, dass in jedem Augenblick in unserem Bewusstsein die Möglichkeit zu einer Linie, zu einer Form, zu einer Figuration existiert, die nur darauf wartet, gezeichnet zu werden.“

Als Ausgangspunkt können also Netze aus Gesten entstehen ohne Bildschema wie etwa Diagonale ohne Mitte oder irgendeine andere Betonung. Diese Hieb- und andere Kritzel wirken ähnlich einem Raster oder einem Fadengitter als eine Unterzeichnung und mit dieser Unterzeichnung wird die Improvisation fortgesetzt.

Es sind nicht die Strukturen wie sie Else Alfelt benutzt, es ist nicht die Struktur von Karl Otto Götz, es ist auch kein Fadengitter oder ein Raster.

Es ist die freie Verteilung von Spuren auf der Fläche, zufällig oder doch nicht zufällig, sondern aus einem Beobachtungsimpuls heraus, bist das betrachtende Auge sagt: „genug !“

So ist diese „Fingerübung“ im kleinen Format A 4 entstanden.

Magenta Magenta 17.10.2022 – ca. 21 cm x 30 cm

Erste Spuren mit Graphit 8b, dann Tuschestifte mit schwarzer und mit rot-schwarzer Tusche, der Polychromos Künstlerfarbstift Magenta-Magenta ergänzt, rundet ab, akzentuiert, führt zur Objektivierung der Zeichnung. Der Farbstift gibt den Titel „Magenta Magenta“ vom 17.10.2022.

20.10.2022 Gu

Magenta 17.10.2022 Bildausschnitt

Weil diese Methode so anregend ist und Freude bereitet, gleich eine zweite Version, die einen Tag später entstanden ist.

Vorstruktur – Zeichenspuren in Graphit – Netz und Bewegungsspur
Magenta, Magenta II – Zeichenstadium nach erster Weiterarbeit an der Vorstruktur
Magenta, Magenta II – Graphit, Tuschestifte in scharz und rot-schwarz, Polychromos Magenta – Format ca. 21 cm x 30 cm

24.04.2022 Gu